2010-01-03 Abi96_Logo

 

2012_seitentitel_abizeitung

Leserbrief

Sehr geehrter Herr Schmäche !

Nach zwei Jahren als Schüler unter ihren Fittichen denke ich, Sie und ihre Art Lehrstoff an die Schüler weiterzugeben, recht gut beurteilen zu können. Und um es gleich vorwegzunehmen, auch wenn es Ihnen vielleicht existierende Illusionen nimmt, was ich aber bezweifle, so kommen Sie dabei alles in allem eher schlecht weg. Doch will ich der Fairneß halber nicht nur die überwiegend negativen Eindrücke zur Sprache bringen, sondern auch den ein oder anderen Lichtblick ihres Unterrichts, der zweifellos existierte. Und um Ihnen das Lesen dieser sicherlich eher unangenehmen Lektüre angenehmer zu machen, will ich mit den erwähnten Lichtblicken meinen persönlichen Rückblick beginnen.

So ist es vor allem die von Ihnen ausgewählte Literatur, die in mir einen interessierten Leser fand. Ob es nun um z.B. Peter Weiss’ “Die Ermittlung” oder Horváths “Ein Kind unserer Zeit” ging. Es handelte sich hier nicht um einfache Pappnasenliteratur (“Cora macht Liebe”), sondern um wirklich anspruchsvolle Werke. Und wer weiß schon, ob mir Horváths “Ein Kind unserer Zeit” nicht entgangen wäre, hätten Sie es mich nicht lesen lassen.

Ein anderer, ebenfalls positiver Aspekt, den ich dem von Ihnen gestalteten Unterricht abgewinnen konnte, waren Ihre Versuche, dem ewigen Frontalunterricht ein Ende zu setzen und vielmehr den Schüler in den Mittelpunkt zu stellen.

Daß diese Bemühungen meines Erachtens oft kläglich scheiterten, lag sicherlich auch an den z.T. wenig Interesse zeigenden Schülern, im Gros aber an Ihrer zuweil unfreundlichen, ja teilweise schroffen Art uns Schülern gegenüber, die bei vielen, inklusive mir, die anfangs noch vorhandene “Lust” auf Deutschunterricht wie eine Seifenblase zerplatzen ließ. Um an diesem Punkt einem eventuellen Erstaunen Ihrerseits vorzubeugen: Es war wirklich so, daß die meisten von uns ihre Aversionen und Aggressionen ihnen gegenüber erst im Laufe unserer gemeinsamen Unterrichtszeit aufbauten. Wir waren, so unglaublich das für Sie klingen mag, völlig unvoreingenommen in ihre erste Unterrichtsstunde in 12I gekommen.

Doch gleich dort setzten Sie Ihr erstes Zeichen. Sie hatten sich nur flüchtig vorgestellt, als Sie uns in der schon erwähnten schroffen Art, unsere Aufträge für die gesamte 12 an den Kopf schmissen. Ich weiß nicht, ob Ihnen damals gleich bewußt war, daß Sie sich dadurch bei uns entscheidende - getreu nach dem Motto: Der erste Eindruck ist der wichtigste - für eine erfolgreiche Zusammenarbeit wichtige Sympathien verscherzt hatten.

Ihr Verhalten in der ersten und auch in vielen weiteren Stunden sorgten für ein gereiztes Klima, in dem die gegenseitigen Antipathien in schwindelnde Höhen anwuchsen.

In der heißesten Phase dieses Konfliktes (12II/13I) begannen Sie, in jeder nicht erfüllten (Haus-) Aufgabe einen Affront der Schüler gegen ihre Person zu vermuten.

Daß es nie zum ganz großen Knall (“Revolution!”) kam, lag zum einen an der bedauerlicherweise immer existierenden Uneinigkeit der Schüler untereinander, zum anderen aber auch an einer geschickten Notenpolitik ihrerseits. Diese zeichnete sich dadurch aus, daß Sie zum Ende der Halbjahre 12I, 12II und 13I die erhitzten Gemüter mit einigermaßen zufriedenstellenden Endnoten beruhigten. Doch in 13II, als Sie aufgrund unseres Abi-
Stresses davon ausgehen konnten, mit ihren Noten auf geringeren Widerstand zu stoßen, rechneten Sie noch einmal mit uns ab.

Nachdem mich mit Frau Franke, Frau Hutzler und Frau Wolf drei nette und meist freundliche Lehrerinnen auf dem Weg durch sieben Jahre Deutsch begleiteten - vielen Dank dafür! -, bin ich in diesen zwei letzten Jahren unter Ihnen nicht glücklich geworden.

Mit guten Wünschen für Ihr weiteres Lehrerleben und, da jetzt sowieso alles gelaufen ist, mit verhaltenem Groll verabschiede ich mich.

Steven Schuh

<< zurück