2010-01-03 Abi96_Logo

 

2012_seitentitel_abizeitung

Nachdem uns mitgeteilt worden war, dass für die Abi-Zeitung von uns noch ein Beitrag erwartet wurde, der unsere Erfahrungen im Deutsch-LK rückblickend zusammenfasste, und als die Zeit allmählich zu drängen begann, traf sich ein Teil unseres Kurses eines schönen Vormittags in einem wohlbekannten Sachsenhäuser Café, um zu beratschlagen.
Schon bald schlugen schöpferischer Geist und Formulierungskunst hohe Wogen:

A: “Hier steh ich nun, ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor.”
B: “Welcher Abi-Jahrgang hat dieses Zitat noch nicht verwendet?”
C: “Außerdem trifft’s nicht zu.”
B: “Stimmt. Es müßte heißen: Hier steh`n wir nun, wir armen Toren und sind viel klüger als-”
A: “Das reimt sich nicht.”
C: “...Hm...Hier steh`n wir nun, wir armen Toren...”
B: “-tollen Toren”
C: “-armen Toren und sind viel klüger noch gewor’n.”
A: “War da was im Tee?”
B: “Wie wär`s mit: Nachdem uns mitgeteilt worden war, dass bla bla bla und so weiter ...hm... trafen wir uns im Café und äh die Formulierungskunst schlug hohe Wogen etc., oder so.”
C: “Man merkt’s!”

Nach einiger Zeit jedoch begann der Artikel Formen anzunehmen... und schließlich wurden unsere Bemühungen mit folgendem Ergebnis gekrönt. 

„Leutchen, habt Ihr Spaß?“

Diese Frage wird wohl keiner von uns so schnell vergessen, da sie einer von Frau Viesons meistverwendeten Aussprüchen war. Wir können sie nun mit einem klaren “Ja!” beantworten, denn Spaß hatten wir trotz harter Arbeit und auch unangenehmen Zeiten sehr oft. Frau Vieson verstand es, ihren Unterrichtsstoff nicht einfach nur trocken durchzuziehen, sondern uns sehr viel Abwechslung zu bieten - wir gingen häufig ins Theater, in Museen oder trafen uns zu privaten Videoabenden. Im Laufe der Zeit entwickelte sich zwischen uns ein sehr persönliches Verhältnis, da sie uns an ihren eigenen Lebenserfahrungen teilhaben ließ, und wir somit auch nicht scheuten, ihr einiges von uns zu erzählen. Sie ist die Lehrerin, die am meisten persönliches Interesse an uns zeigte, und somit auch am meisten über uns und unsere Probleme weiß. Die Beziehung war also nicht auf ein bloßes Lehrer-Schüler-Verhältnis reduziert, sondern beide Seiten hatten die Möglichkeit, die andere auch als Mensch kennen zu lernen und zu respektieren.

Trotz dieses Verhältnisses kamen wir aber nicht drumherum, auch sehr viel zu lernen. Das Niveau des Unterrichts war sehr hoch, und oft fühlten wir uns auch überfordert. In solchen Momenten pflegte Frau Vieson uns wie folgt zu motivieren: “Leutchen, setzt Eure Ziele nicht zu niedrig. Ich weiß, ihr könnt das!“ Doch manchmal war es wirklich zu viel. So steigerte sich z.B. die halbjährliche „Buchvorstellung“ von einem einzelnen Buch bis zu einer ganzen „Autorenvorstellung“, die dann u.a. alle Hauptwerke des jeweiligen Autors umfassen sollte. In den von Frau Vieson ins Leben gerufenen sogenannten “Lümmelstunden” fanden wir dann allerdings die Ruhe, die wir so dringend brauchten - wir durften faul auf den Tischen liegen, während uns Frau Vieson Gedichte von Rilke und anderen Dichtern vorlas, untermalt von wunderschöner, entspannender Musik. Leider kamen derartige Stunden nur äußerst selten vor, da Frau Vieson trotz allem Bitten und Betteln ihren Stoff knallhart durchgezogen hat. Dies brachte uns im Endeffekt jedoch sehr viel, da wir auch in anderen Fächern von diesem Wissen profitieren konnten und mit Sicherheit auch nach der Schule noch davon zehren können.

Im Großen und Ganzen war die Zeit mit Frau Vieson eine sehr schöne, in der wir sehr viel gelernt, viel gelacht aber auch gekämpft haben und für die wir uns ganz herzlich bedanken wollen! Den nachfolgenden Schülergenerationen können wir einen Deutsch-LK bei Frau Vieson wärmstens weiterempfehlen, zumindest für diejenigen, die bereit sind, sich in dem Fach zu engagieren und mitzuarbeiten, denn die viele Arbeit wird am Schluss mit Sicherheit durch eine faire Notengebung honoriert.

A: “Und nun, wo wir am Ende unserer Schulzeit und ebenso am Ende dieses Artikels angekommen sind, wird es Zeit, einen Abschluss zu finden.”
B: “Von der Stelle gehen, meinetwegen - Aber wohin?”
C: “Gehen wir!”
B: “Also? Wir gehen?”
Sie gehen nicht von der Stelle.
A: “Doch! Natürlich gehen wir von der Stelle!”
C: “Klar! Wir werden doch nicht ewig hier sitzen bleiben.”
A: “Ach, laß... Das ist ein zu weites Feld.”
Alle: “Der Rest ist Schweigen...” 
                                             

Als kleines Dankeschön hier nun noch ein “Spezial-Stasimon” für Frau Vieson:

Ungeheuer ist viel und nichts
Ungeheurer als der Deutsch-Leistungskurs.
Wir erklommen auch den Bücherberg
Der Hochkultur
Durch raschelnde Seiten hindurch.
Literatur, der Götter höchste,
Die unerschöpfliche, unauslotbare
Bedrängte unsern Verstand. Auf und Ab
Ackerten wir
Halbjahr um Halbjahr.

Und die Sprache
Und Luftgewirkte Gedanken
Lehrte man uns
Und den Trieb zu Wissen
Und Bildung
Gegen Trivialliteratur
Und Fernsehen,
Allberaten.
Ratlos traten wir
Vor nichts, was kam,
Nur den Noten entronnen wir nicht.

Mit der Erfindung Kunst
Reich über Hoffen begabt,
Trieb’s uns zum kreativen Schreiben bald
Und bald zum Interpretieren.
Ehrend der Dichter Schriften
Und der Philosophen kategorische Imperative,
Waren wir hochgeschätzt.
Nicht dergleichen
Wer sich der Faulheit gab
verworrenen Sinns.
Nie sei Gast dieses Kurses,
Nie unser Nachfolger,
Wer solches beginnt.

<< zurück